Das Ende vom KI-Hype

Von Torsten R. Bendlin, Digitalunternehmer und Gründer von Valuedesk

Artikel

  • Executive Summary

    Der KI-Hype war laut – doch was bleibt, ist ein nützliches Werkzeug mit klaren Grenzen. Statt überzogener Erwartungen braucht es realistische Anwendungsfälle, messbare Ziele und eine starke Umsetzungskultur. Unternehmen, die KI gezielt und sinnvoll einsetzen, sichern sich echte Produktivitätsvorteile. Valuedesk zeigt, wie das geht – ohne Hype, aber mit Wirkung.

  • Warum sich KI vom Buzzword zum Produktivitäts­werkzeug wandeln muss

    Als Generative KI (GenAI) populär wurde, war die Euphorie groß: Investoren jubelten, Softwareanbieter integrierten neue Funktionen in Rekordzeit und Unternehmen erklärten künstliche Intelligenz zu einem festen Bestandteil ihrer Zukunftsstrategien. Bill Gates Aussage “Noch nie in der Geschichte hat Innovation in so kurzer Zeit so vielen Menschen so viel versprochen” bestätigte sich schnell: KI war auf einmal überall und schien das neue Wundermittel für nahezu jedes Problem zu sein. Doch inzwischen setzt eine erste Ernüchterung ein. Die Nutzung bleibt oft gering, viele Pilotprojekte verpuffen wirkungslos, und es drängt sich die Frage auf: Haben wir KI zu viel aufgeladen und dabei übersehen, worin ihr tatsächlicher Wert liegt? Oder hat sich GenAI am tatsächlichen Nutzen der Menschen vorbei entwickelt?

  • Die Realität: KI-Integration ja, Nutzung nein

    Tatsächlich steht künstliche Intelligenz heute in nahezu jedem Unternehmen auf der Agenda, ob die Nutzung im Unternehmen oder die Integration in eigene Tools. Es gibt kaum ein digitales Produkt, das nicht bereits irgendeine Form von KI integriert hat: WhatsApp, Notion, Jira, Microsoft 365, Google Workspace – in fast jeder modernen Software finden sich mittlerweile KI-Assistenten, die die Nutzer:innen bei ihren Aufgaben unterstützen sollen. Die Verfügbarkeit ist hoch. Doch wie sieht es mit der tatsächlichen Nutzung aus? Daten zeigen dabei ein deutliches Bild: In Meta-Produkten wie WhatsApp oder Facebook ist die KI-Funktion für Endnutzer zwar kostenlos verfügbar, die aktive Nutzung fällt aber nur gering aus. Laut einer Studie von Lucidworks nutzen nur 15 % der User GenAI regelmäßig, obwohl fast alle den Zugang dazu hätten (AIWire.net, 2025). Auch bei Microsoft 365 Copilot ist der Rollout gerade in vollem Gange. Zu einem Preis von 30 $ monatlich pro Nutzer ist der KI-Assistent in der Vollversion verfügbar. Zahlen der Financial Times zeigen aber auch hier: Lediglich ein Bruchteil der Nutzer ist bereit, dauerhaft dafür zu zahlen. Die meisten testen die Funktionen zwar neugierig an, bleiben aber nicht dabei. Das legt den Verdacht nahe, dass viele Anbieter KI vor allem einsetzen, um marktfähig zu wirken und nicht, weil es einen echten alltäglichen Bedarf gibt.

  • Content Creation als einziger Massen-Use-Case?

    Ein Bereich, in dem sich KI-Anwendungen allerdings bereits massenhaft durchgesetzt hat, ist das Content Marketing. Auf Plattformen wie LinkedIn, TikTok oder Instagram erleben wir momentan eine Flut an KI-generierten Inhalten zur Kommunikation: KI-generierte Texte, Bilder oder Videos begegnen uns tagtäglich in unseren Feeds. Besonders für die schnelle Content-Produktion hat sich GenAI als nützlich erwiesen. Doch bei diesem Use Case bleibt es oft: In komplexeren Unternehmensbereichen wie der produktiven Wertschöpfung, Entwicklung, Operations oder Strategie stößt die Technologie noch an ihre Grenzen. Zwar kann sie Ideen generieren oder erste Entwürfe liefern, doch der eigentliche Pain-Point dieser Bereiche liegt meist nicht im Denken, sondern im Handeln. Auch KI-generierte Maßnahmen müssen umgesetzt werden. Und diese scheitern meist genauso wie Nicht-KI Maßnahmen an fehlendem Budget, unklarer Zuständigkeit, schleppendem Change-Prozessen oder mangelndem Follow-Ups. GenAI wird so oft als „Ideengenerator“ gesehen, was sie auch gut kann, doch ohne eine robuste und strukturierte Umsetzungskultur bleibt der Erfolg dennoch aus.

  • KI also nur einer von vielen Hypes? Und ist Gen-AI vielleicht schon bald kein großes Thema mehr?

    Es stellt sich also die Frage: Ist das alles also nur ein Hype? Ein Begriff, der viel verspricht, aber wenig hält? Um das zu beurteilen, lohnt ein Blick auf den sogenannten „Gartner Hype Cycle“. Dieses Modell beschreibt die typischen Phasen eines Hypes, von der ersten Euphorie bis zur realistischen Etablierung im Alltag.

    Am Anfang steht der „technologische Auslöser“: Erste Erfolge sorgen für Aufmerksamkeit, die Technologie gewinnt rasant an Bekanntheit. Es folgt ein „Gipfel an überzogenen Erwartungen“: Mit Bekanntheit und Aufmerksamkeit um das Produkt steigen auch die Erwartungen und es etabliert sich ein Zustand, in dem Medien, Investoren und Unternehmen die Technologie oft mit einem Heilsversprechen überladen. Doch diese Erwartungen können nur selten erfüllt werden. Es kommt, fast zwangsläufig, zum „Tal der Enttäuschung“. Projekte scheitern, der Nutzen ist nicht so hoch wie erwartet und das Produkt nicht das “Wundermittel” für das es gehalten wurde. Die Folge: der Nutzer ist enttäuscht, da seine Erwartungen nicht erfüllt wurden und schließlich wächst die Kritik. Erst dann beginnt der sogenannte „Pfad der Erleuchtung“, auf dem die Erwartungen nach und nach sinken und sich die Kritik am Produkt zunehmend verbreitet. Statt überzogenen Erwartungen etablieren sich realistische und nützliche Anwendungen und die Technologie wird dort eingesetzt, wo sie wirklich passt. Schließlich erreicht sie dann das „Plateau der Produktivität“ und wird zur festen Größe, jedoch ohne das frühere Aufsehen, aber mit einem echten Mehrwert für gezielte Anwendungen.

    Diese Verläufe sind keine bloße Theorie. Ein Blick auf vergangene Hypes zeigt, dass sie sich regelmäßig wiederholen. Ein prominentes Beispiel dafür ist IBM Watson. Als der Supercomputer 2011 in der Quizshow Jeopardy beeindruckte, war der mediale Hype riesig. Watson wurde als Alleskönner gefeiert, insbesondere im Gesundheitswesen. Doch in der Praxis scheiterte der Einsatz schnell. Kliniken wie MD Anderson investierten zwar Millionen, konnten Watson aber nie wirklich sinnvoll in ihre Prozesse integrieren. Schließlich verkaufte IBM den Bereich Watson Health für rund eine Milliarde Dollar und die Vision vom medizinischen KI-Revolutionär löste sich weitgehend in Luft auf. Ähnlich verlief es auch bei Big Data: Ab 2012 wurde sie in Medien, Forschung und Unternehmensberatung als großes Zukunftsthema zum Bündeln großer Datenmengen gefeiert. Doch meist blieb es beim bloßen Sammeln von Daten und die eigentliche Nutzung blieb aus. Noch rasanter ging es mit NFTs: 2021 erreichte der Markt einen Börsenwert von rund 17 Mrd. US-Dollar, angetrieben durch Spekulation und mediale Euphorie. Nur ein Jahr später sind 95 % dieser Werte verschwunden. Heute finden NFTs noch vereinzelt Anwendung, aber vom einstigen Hype ist nur wenig geblieben.

    Doch woran erkennt man eigentlich, ob es sich bei einer Technologie um einen Hype handelt oder ob das Produkt wirklich eine Innovation ist, die den Markt grundlegend verändern wird? Ein Hype lässt sich oft an typischen Anzeichen erkennen: Überzogene Erfolgsmeldungen in Presse & Investorenkreisen verbreiten sich schnell. Als Folge dessen entstehen plötzliche Wunschlisten großer Anbieter oder massive VC- und Startup-Aktivitäten, allerdings oft ohne realistische Business Cases. Dabei lassen sich oft dieselben Muster herauslesen: Große Visionen wecken überzogene Erwartungen, doch konkrete Anwendungsfälle bleiben aus. Die Folge: Begeisterung schlägt in Enttäuschung um und nur ein Bruchteil der ursprünglichen Konzepte überlebt. Und auch bei GenAI sind bereits erste Anzeichen dieses Musters zu erkennen.

  • Naht das Ende von KI? Risiken und Chancen der neuen Technologie

    Heißt das jetzt also, KI ist gescheitert? - Nein, aber der Blick darauf muss sich ändern. Denn wie bei allen Hypes bleibt auch hier am Ende nicht das Wundermittel zurück, sondern eine nützliche Technologie mit klaren Stärken und ebenso klaren Grenzen. Der entscheidende Punkt liegt im Einsatz, wo und wie wir sie einsetzen. KI kann viel bewirken, wenn sie dort genutzt wird, wo sie Probleme wirklich besser lösen kann als bisherige Ansätze. Doch um das zu erreichen, braucht es einen realistischen Umgang mit ihren Möglichkeiten und auch ein Bewusstsein für ihre Risiken.

    Ein Beispiel dafür ist der enorme Energiebedarf moderner KI-Modelle. Die Rechenleistung, die etwa GPT-4 benötigt, ist um ein Vielfaches höher als die einer herkömmlichen Software. Wer KI einsetzt, sollte deshalb auch an den ökologischen Fußabdruck denken, in Bezug auf Kosten sowie Nachhaltigkeit. Gleichzeitig bringt auch der Datenschutz bei KI ein zentrales Risiko mit sich: Daten müssen rechtskonform, transparent und sicher verarbeitet werden. Fehlerhafte Datengrundlagen, unzureichende Anonymisierung oder unklare Verantwortlichkeiten können nicht nur zu falschen Ergebnissen führen, sondern auch rechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Wer KI nutzt, braucht also nicht nur die technische Kompetenz, sondern auch eine klare ethische und rechtliche Haltung gegenüber der Technologie.

    Trotz dieser Herausforderungen ist klar: KI ist längst keine Eintagsfliege mehr. Sie ist gekommen, um zu bleiben - und das wird sie auch. Doch sie wird nicht als Alleskönner bestehen, sondern vielmehr als spezifisches Werkzeug. Und das ist auch gut so. Sie ersetzt weder die menschliche Intelligenz, kritisches Denken, noch die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen. Aussagen wie „Künstliche Intelligenz ist nur so gut wie ihr Nutzer.“ bringen es auf den Punkt: Die Technologie allein schafft noch keinen Mehrwert, entscheidend ist der Kontext, in dem sie genutzt wird. Wird sie aber gezielt und sinnvoll eingesetzt, kann sie Prozesse, durch automatisierte Datenauswertung, smarte Vorhersagen oder intelligente Workflows, deutlich beschleunigen und effizienter machen. So unterstützt sie die Mitarbeitenden im Alltag, reduziert manuelle Aufwände und schafft Freiräume für strategische Aufgaben. KI wird so zu einem echten Schlüsselthema für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Doch um das volle Potenzial von KI zu entfalten, sollten Unternehmen die passenden Rahmenbedingungen geben.

  • Meine Tipps für Unternehmen:

  • 1. Technologien entmystifizieren

    Künstliche Intelligenz ist kein Wundermittel. Statt sich von dem großen Buzzword blenden zu lassen, sollten Unternehmen den Fokus auf den konkreten Nutzen legen: Wo schafft KI echten Mehrwert? Welche Probleme kann sie sinnvoll lösen?

  • 2. Pilotprojekte mit klaren Zielwerten starten

    „Wir probieren das mal aus” reicht nicht. Jeder Test braucht messbare Zielgrößen, wie KPIs, die zeigen, ob eine Lösung wirkt oder nicht. Nur so kann eine verlässliche Grundlage für den Roll-out und eine Entscheidung entstehen.

  • 3. Strukturen zuerst klären

    Bevor KI überhaupt zum Einsatz kommen kann, müssen die Grundlagen stimmen: saubere Daten, funktionierende Prozesse und klar geregelte Zuständigkeiten. Ohne diese Basis wird jedes KI-Projekt, egal wie gut, scheitern.

  • 4. Organisation zur Umsetzung befähigen

    Nur ein Budget allein reicht nicht aus. Unternehmen müssen auch die passende Kultur mitbringen. Damit KI ihre volle Wirkung entfalten kann, braucht es eine Kultur, die auf Performance, Verantwortung und kontinuierliches Lernen ausgerichtet ist.

  • 5. Das Geschäftsmodell weiterdenken

    Wird KI richtig eingesetzt, kann sie ein Hebel für echte Transformation sein. Entscheidend ist dabei die Frage: Wie können bestehende Geschäftsprozesse durch KI sinnvoll erweitert oder beschleunigt werden? Und wo entstehen dabei vielleicht ganz neue Möglichkeiten?

  • Wie wir bei Valuedesk mit KI umgehen

    Auch bei Valuedesk als Software-Unternehmen spielt KI eine große Rolle – nicht nur im Arbeitsalltag unserer Teams, sondern auch als gezielte Erweiterung unserer Software. Unsere Entwicklerteams analysieren seit Monaten intensiv, welche neuen Möglichkeiten die Technologie für unseren „Value Assistant" bietet. Dabei stehen zwei Prinzipien im Zentrum: Nutzerfokus und echter Mehrwert. Wir entwickeln keine KI, um eine KI zu haben und “dabei zu sein”, sondern um einen echten Mehrwert zu generieren. Welche Probleme unserer Nutzer:innen können wir heute oder morgen mit KI-Unterstützung noch besser lösen?

    Bewährte Funktionen wie das automatische Zusammenfassen von Texten, bekannt aus der Google-Suche oder Amazon-Rezensionen zeigen, wo Potenzial liegt. Nicht jede Innovation muss spektakulär sein, manchmal liegt der Mehrwert schon in kleinen Aspekten, die zu einer Zeitersparnis, klareren Entscheidungen oder der Vermeidung unnötiger Aufgaben im Alltag führen. Ab Oktober 2025 launchen wir smarte Funktionen wie eine automatisch generierte Management Summary zum Maßnahmenstatus, eine intelligente Risikobewertung der Umsetzung und eine dynamische Maßnahmenbeschreibung – alles nahtlos im Prozess integriert.

    Ein besonderer Schwerpunkt unserer Entwicklung liegt zudem auf der Datensouveränität. Um höchste Sicherheits- und Datenschutzstandards zu erfüllen, betreiben wir unser eigenes KI-Modell auf Servern der Deutschen Telekom und somit vollständig in Deutschland. So stellen wir sicher, dass sensible Unternehmensdaten nicht veröffentlicht oder in Drittstaaten übertragen werden und jederzeit den Anforderungen der DSGVO entsprechen. Für unsere Kunden bedeutet das, dass jederzeit die volle Kontrolle über die Daten, maximale Transparenz und ein vertrauenswürdiger Rahmen für den KI-Einsatz gesichert sind.

  • Fazit

    Der Hype war laut - doch was schlussendlich bleibt, ist eine Technologie mit realistischen Erwartungen. Künstliche Intelligenz ist weder gescheitert noch ein Wundermittel für alles und jeden. Sie ist ein Werkzeug mit viel Potenzial, aber auch mit klaren Grenzen. Entscheidend ist, dass sich Unternehmen mit einem gezielten und sinnvollen Einsatz sowie langfristig tragfähigen Anwendungen beschäftigen.

    Oder wie Bill Gates es formulierte: „Wir überschätzen immer die Veränderung, die in den nächsten zwei Jahren eintreten wird, und unterschätzen die Veränderung, die in den nächsten zehn Jahren eintreten wird.“

    Unternehmen, die KI heute sinnvoll einführen, schaffen die Basis dafür, morgen davon zu profitieren. Nicht durch blindes Hinterherlaufen und den bloßen Einsatz, weil es alle machen - sondern durch einen klugen und gezielten Einsatz, klare Ziele und eine Kultur, die die Umsetzung überhaupt erst möglich macht.

    Deshalb mein Appell: Lasst uns KI nicht als Buzzword feiern, sondern sie endlich als das behandeln, was sie ist: ein hochmodernes Produktivitätswerkzeug, das Wirkung entfalten kann. Vorausgesetzt wir setzen es richtig ein!

  • Über den Autor

    Torsten R. Bendlin ist CEO und Gründer von Valuedesk, der führenden Plattform für datengetriebene Performance-Optimierung. Mit jahrelanger Erfahrung in der Industrie und einem tiefen Verständnis für Effizienzsteigerung hilft er Unternehmen, ungenutzte Potenziale sichtbar zu machen und nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu realisieren. Sein Fokus liegt darauf, Transparenz, Mitarbeiterbeteiligung und digitale Steuerung zu vereinen, um Unternehmen effizienter und zukunftsfähiger zu machen.

Inhalt